Nina

Chinchillas

Ronny
kennen die meister Leute nur in Form von Pelzmänteln, wem dieses Fell vorher gehört hat, wissen nur die Wenigsten. Doch heute werden diese possierlichen Nager immer mehr in den Zoogeschäften als Haustiere verkauft wodurch ihr Bekanntheitsgrad ständig zu nimmt. Leider wird den zukünftigen Besitzern nicht klar gemacht, das ein Chinchilla eigentlich kein geeignetes Tier für die Wohnung ist. Die kleinen Wusels brauchen viel mehr Auslauf, als Meerschweinchen oder Kaninchen - dafür stellen sie aber um so mehr Blödsinn an. Als Schmuse - Kuschel - Knuddel - Tiere für Kinder sind sie absolut ungeeignet - sie verlieren durch das Streicheln ihr Fell!

Ronny Mein erstes Chinchilla bekam ich von einem Bekannten, der dieses Tier nicht mehr haben wollte. Er drohte damit, es einfach auszusetzen, also nahm ich den kleinen Knuffel zu mir. Er bekam sein eigenes Zimmer, das er auch komplett zerstörte. Ronny fraß die Tapeten vollständig auf, in jedem meiner Bücher hatte er seine Zähne verewigt, alle Kabel, die erreichbar waren, fraß er erst durch und dann auf. Nach einiger Zeit fand ich sein Nagertum nicht mehr so lustig und baute ihm aus einem alten Kleiderschrank eine Voliere. Er hatte nun mehrere Etagen, Kletterstangen, Häuschen und Badewanne (Chinchillas müssen zur täglichen Fellpflege im Spezial-Sand baden), aber das reichte ihm bei weitem nicht aus. Da ich sein Leiden nicht mit ansehen konnte, ließ ich ihn also doch wieder durch die Wohnung fetzen.

Ronny Ronny war sehr anhänglich und mir wurde bald klar, dass er viel zu einsam war - schließlich musste ich ja auch arbeiten. Also führ ich zu einer Chinchilla-Zucht und nahm ein "ausrangiertes" Mädel mit. Man sagte mir dort, das sie keinen Nachwuchs bekommen könne und darum für die Zucht ungeeignet und zum Pelzen schon zu alt sei.

Prima, so glaubte ich, da haben wir ja die richtige Gesellschaft für Ronny gefunden. Er freute sich auch sehr und sie wurden unzertrennliche Freunde. Nach 3 Monaten war dann auch der Nachwuchs da - so viel zum Thema unfruchtbar!

Nina Bonny und Claid waren die allersüßesten Tierbabys, die ich jemals gesehen habe. Kleine graue Wollknäuels, die sofort die Augen offen hatten und herumtobten wie die Wilden. Nina war noch recht Menschenscheu, und so beschloss ich, sie mit ihren Jungen nicht zu bedrängen. Also fasste ich die Kleinen nicht an und überließ ihre Aufzucht alleine ihrer Mutter. Ich hatte bedenken, dass Nina ihre Kinder ablehnen würde, wenn die Kleinen nach meinen Händen riechen würden.

Gut gedacht - schief gelaufen ! Nach einer Woche braver Zurückhaltung meiner Seits, wurde ich stutzig. Die Babys wuchsen nicht und wirkten von Tag zu Tag schwächer. Also nichts wie hin zum Tierarzt. Der stellte fest, dass Nina gar keine Milch produzieren konnte. Die Babys bekamen eine Aufbauspritze, doch Bonny starb am nächsten Tag. Ich versuchte mit Aufzuchtsmilch wenigstens noch Claid zu retten, aber er konnte diese Milch nicht verdauen. Verzweifelt rief ich bei der tierärztlichen Hochschule an und die empfahlen mir mit Kamillentee verdünnte Dosenmilch zu füttern. Aber auch mit dieser Nahrung hatte ich keinen Erfolg. Dann rief ich beim Züchter an und die sagten mir, Chinchillas vertagen nur eine ganz bestimmte Aufzuchtsmilch die speziell für Silberfüchse von einem einzigen Hersteller produziert wurde. Also rannte ich durch diverse Zoogeschäfte und suchte dieses Spezialmilchpulver. Als ich endlich nach Hause kam, war Claid tot. Gibt es ein furchtbareres Wort als "zu spät"?

Picco 3 Monate später brachte Nina wieder ein Baby zur Welt : Piccolo. Diesmal war ich bestens vorbereitet und zog den Kleinen mit der Flasche groß. Jeder, der schon einmal ein Tier von Hand aufgezogen hat weiß, wie wenig Schlaf man in diesen Wochen bekommt - was tut man nicht alles für das liebe Vieh!

Aber es war für und alle keine leichte Zeit. Ronny musste ich gleich nach Piccolos Geburt von seiner geliebten Familie trennen, denn in dieser Zeit ist das Weibchen gleich wieder empfänglich - und ich war wirklich nicht scharf auf weiteren Nachwuchs. Also schleifte ich Ronny zum Kastrieren. Hierbei machte sich erneut sehr negativ bemerkbar, das Chinchillas keine verbreiteten Haustiere sind, denn der Tierarzt sah sich seinem ersten Chinchilla gegenüber.

Picco Er schnitt Ronny die Hoden aus der Bauchdecke, nähte aber den Schnitt nicht wieder zu. Bei Nagern hätte dies keinen Sinn, weil sie sich die Fäden sowieso aufbeißen würden. Natürlich vertraute ich der Aussage des erfahrenen Tierarztes, schließlich hatte er ja studiert!

Wenige Stunden nach dem Eingriff glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen : irgendwelche Innereien kamen aus dem frischen Schnitt gequollen - das darf doch nicht wahr sein!?! Also bin ich sofort mit Ronny zur tierärztlichen Hochschule gefahren, wo man ihn wieder zunähte. Das er diese Torturen überlebt hatte, war ein wirkliches Wunder.

Ronny & Picco Nach einer Woche war er wieder fitt und durfte endlich zurück zu seiner Familie. Diese Bild werde ich nie vergessen : Ronny und Nina setzten sich auf ihre Hinterpfötchen, umarmten sich mit den Vorderbeinchen und das Baby Piccolo lag dazwischen. In dieser zärtlichen Umarmung verharrten sie über Stunden. Wer will bei einem solchen Anblick noch sagen, man solle Tiere nicht vermenschlichen ?

Ronny & Picco Nun wäre ja alles gut gewesen, Ronny hatte alle operativen Eingriffe überstanden und Picco wuchs gesund heran, selbst Nina gewann mit der Zeit Vertrauen zu mir. Sorgenfrei Welt, so könnte man annehmen - aber weit gefehlt. Ich glaube, ich habe schon erwähnt, das Chinchillas einen ausgesprochen intensiven Bewegungsdrang haben. Da ich Tiere nicht halte, um sie zu quälen, bekamen also alle drei weiterhin ihren täglichen Auslauf in meiner Wohnung. Die Summe ihrer Zerstörungen wurde immer erschreckender : Schuhe mit Löchern, sämtliche Kabel angenagt, Korbstühle aufgefuttert, Zigaretten aufgefuttert, Tapeten angeknabbert, Fußbodenleisten zermalmt, selbst ein Baum aus Messingdraht fiel ihrer Knabberlust zum Opfer. Manchmal wusste ich nicht mehr, ob ich mich wundern sollte, dass diese Tierchen trotz ihrer wahllosen Nahrungsaufnahme immer noch lebten, oder an ihrerm Zerstörungsdrang verzweifeln sollte.

Picco Von Woche zu Woche wurde mir bewusster, dass es auf Dauer so nicht weiter gehen konnte. Sie privat wegzugeben, hätte keinen Sinn gemacht, denn ich konnte sicher sein, das sie bei anderen Leuten ihr Leben eingesperrt im Minikäfig fristen müssten - und das konnte ich ihnen nicht antun. Also schrieb ich 28 zoologische Gärten und Tierparks an und versuchte, meine kleinen Engel sinnvoll unterzubringen.

Ronny & Picco Hoyaswerder war der einzige Zoo, der sie mit Kusshand nehmen wollte. Also kaufte ich einen Katzenkunststofftransportkorb und fuhr mit dem Zug 9 Stunden, die Chinchis im Handgepäck, nach Hoyaswerder. Als ich das Gehege sah, in dem meine Freunde von nun an leben sollte, fiel mir ein riesiger Felsbrocken vom Herzen. So schön und riesig groß hätte ich es mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können.